by Enno Rennenkampff
published on 21. January 2022
Enno Rennenkampff: Wenn du jetzt an den Anfang der Proben zurückblickst, was dachtest du, als du den Text das erste Mal gelesen hast?
Singoh Nketia: Ich fand ihn super gelungen. Der Text ist sehr authentisch geschrieben, auch über das Produzieren und Machen von Musik. Es ist immer etwas schwierig, wenn eine Person über Hip-Hop schreibt, die selbst nicht in dieser Szene aktiv ist. Da ich Fatima Moumoni und Laurin Buser kenne und die zwei selber auch Musik machen, habe ich mir aber keine Sorgen gemacht. Die Texte der Lieder funktionieren auch wirklich sehr gut.
ER: Woher nimmst du deine Inspiration, wenn du Musik machst?
SN: Von überall! Musik umgibt mich schon seit ich klein bin, auch meine Eltern machen Musik. Mein Vater ist als Trommler aus Ghana in die Schweiz gekommen und hat immer Trommelkonzerte gespielt und unterrichtet. Ein Teil seines Jobs war es, die ghanaische Musiktradition, speziell die der Trommel, Kindern in Schulen näherzubringen. Meine Mutter ist Tänzerin und Rhythmuspädagogin. Musik war für mich deshalb schon immer ein Thema. Inspiration finde ich eigentlich immer, wenn ich Musik höre. Und: Ich habe die «DJ-Krankheit», dass ich immer wieder neue Musik entdecken will. Wenn ich zum Beispiel im Auto unterwegs bin, höre ich selten Musik, die ich schon kenne, sondern schaue, was es Neues gibt. Das inspiriert mich auch sehr.
ER: Hast du jetzt für Bullestress auch bestimme Musik gehört, die dich inspiriert hat?
SN: Die Musik, die das Stück begleitet, ist sehr nahe an der Musik, die ich sowieso höre, produziere oder als DJ spiele. Das Stück ist am Puls der Zeit. Zudem war ich bereits mit Laurin und Fatima in Kontakt, als sie das Stück schrieben. Sie haben mich gebeten, ihnen Musik von mir zu schicken und mich gefragt, welche Tracks ich mir im Stück vorstellen könnte.
ER: Im Stück wird ja vor allem Hip-Hop gespielt. In welchen Musikstilen bewegst du dich grundsätzlich und was ist deine Zielgruppe?
SN: Das ist ganz unterschiedlich. Ich komme ursprünglich vom Hip-Hop, Reggae und Dancehall, spiele aber mittlerweile sehr oft an Parties die musikalisch weniger festlegt sind. Dort kann und muss ich querbeet spielen. Oft sind da auch sehr kommerzielle Hits gefragt und ich passe mich immer dem Publikum an. Das Ziel ist schliesslich, dass getanzt wird. Wenn ich aber zum Beispiel an einer 90er Party spiele, lege ich auch hie und da noch Tracks auf, die das Publikum vielleicht weniger kennt. Aber das jeweilige Zielpublikum ist nicht immer einfach einzuschätzen. Bei der von mir produzierten Musik mach ich einfach das, was mir gefällt. Dort entscheidet dann das Publikum, ob sie zum Zielpublikum gehören wollen oder nicht.
ER: Bullestress ist grundsätzlich an Jugendliche gerichtet. Hast du da auch Erfahrung mit und für Jugendliche zu arbeiten?
SN: Ich würde sagen, musikalisch bin ich am Puls der Zeit. Oft ist das Publikum jünger als ich es bin, dadurch muss ich immer auf dem neusten Stand sein, was momentan musikalisch gefragt ist. Aus diesem Grund war mir von Anfang an klar, was für ein Charakter die Musik in diesem Stück haben muss, damit es auch bei Jugendlichen Anklang findet.
ER: Bist du bei der Produktion sehr klar für die Musik zuständig oder wirst du auch in thematische Fragen miteinbezogen?
SN: Der Bereich, für den ich vor allem verantwortlich bin, ist die Musik für das Stück. Dadurch, dass es in einem Studio spielt und es sich um eine Band handelt, kann ich aber natürlich auch persönliche Erfahrungen einbringen.
ER: Kannst du also die Erfahrungen der Crew auf der Bühne aus persönlicher Erfahrung nachvollziehen?
SN.: Vieles am Stück erinnert mich an die Zeit, als ich auch Teil einer Hip-Hop Band war. Wir sind immer im Studio zusammengekommen und haben den neuesten Track gemeinsam abgefeiert - das ist wie eine zweite Familie
ER: Gibt es Momente von den Proben, die dir speziell geblieben sind?
SN: Immer die Momente, an denen wir an den Songs gearbeitet haben. Es gibt ein, zwei Momente im Stück, da werden Songs performt. Die Musik für diese Songs zu produzieren, die Performance zu erarbeiten und auszuprobieren, wie das auf der Bühne funktionieren kann, das sind bleibende Momente.
ER: Du hast also auch viel mit den Spieler*innen zusammen ausprobiert?
SN: Ja, ich habe zuerst ein Grundgerüst für den Song produziert und dann mit ihnen ausprobiert, wie er final klingen könnte. Anschliessend habe ich wieder an der Musik rumgebastelt, diese dann wiederum mit ihnen ausprobiert, um zu sehen, was funktioniert, auch szenisch. Wir machen ja kein Konzert auf der Bühne. Es ist Musikperformance und Theater, eine sehr spannende Mischung.
ER: Gibt es bestimme Songs, die dich für Bullestress inspiriert haben?
SN: Ja, zum Beispiel von KRS-One der Track «Sound of da Police», das ist Oldschool Hip-Hop. Das war der erste Track, der mir in den Sinn gekommen ist als ich das Thema des Stückes erfuhr. Ich habe das «whoop» des Songs in ein, zwei Beats eingebaut, die ich speziell für das Stück gemacht habe. Da ist eine Hommage.
Falls ihr euch auf die Premiere von Bullestress musikalisch einstimmen wollt, hat Singoh eine Playlist zur Verfügung gestellt mit Songs, die ihn für die Inszenierung inspiriert haben: