Dieser UNGLAUBLICHE Lifehack macht Sie SOFORT GLÜCKLICH

von Heiri Weingartner
erschienen am 19. Mai 2020

Die Wahrscheinlichkeit, dass Sie diesen Text eigenhändig aufgesucht haben, beträgt nullkommanull Prozent. Er wurde Ihnen via Facebook, Instagram, Twitter oder mittels eines Newsletter-Programms zugespielt. Dass Sie darauf geklickt haben, verrät zwei Dinge über Sie: Erstens, dass Sie glücklich sein möchten. Und zweitens, dass Sie die sozialen Medien rege nutzen. Hier also der versprochene Lifehack: Löschen Sie Ihre Social-Media-Accounts. Das macht zwar nicht sofort glücklich (sorry), aber langfristig (bitteschön). In einigen Jahren werden Sie es bereuen, die sozialen Medien nicht früher verlassen zu haben. Traurig-Emoticon.

2017 hat Facebook mit neuen Algorithmen die Medien dahingerafft. Spätestens nach der zweiten Corona-Welle wird es die Kulturszene und die Kunst dahingerafft haben. Auf dieser Plattform funktioniert ausschliesslich Lustiges oder Wütendes, alle sanften Nebentöne, intelligente Provokation, nüchternes Denken werden wegalgorithmisiert. Und mit jedem Bild, Video, Gedanken, das kulturell tätige Menschen von sich und ihrem Schaffen posten, stellen sie sich ein My stärker unter die Marke mit dem weissblauen «F». Bei Facebook wird Kunst zu Gefälligkeit, Eintrittsgelder zu Gefällt-Mir-Angaben. Die kulturell tätigen Menschen: Verarmt und verblödet im Home Office, zu nichts Gescheitem mehr fähig. Im Livestream um Almosen bettelnd. Wütend-Emoticon.

Eine ganze Generation, mental dahingerafft, mit «ADHS» diagnostiziert und mit Social Media infiziert, süchtig nach Aufmerksamkeit, Gefällt-Mir und Glückshormonen, aber todunglücklich. Beziehungsunfähig, konzentrationsgestört, gefühlsradikalisiert. Der eigene Ausdruck wird vom kommerziell verwertbaren Format der «Story» bestimmt, Posts und Gefällt-Mir-Angaben schleichen sich langsam, aber irreversibel ins Denken und Fühlen ein. Maschinenmenschen aus Fleisch und Blut. Herangezüchtet, erbstofflich abhängig gemacht und mittels Beschäftigungs-iPad an die ganz Kleinen weitergegeben. Digitale Degeneration auf der ganzen Linie. Das ist das Virus, das ist die Krise, das ist der Ausnahmezustand, in dem wir uns seit fünfzehn Jahren befinden. Wow-Smiley.

Tristan Harris, der bei Apple und Google gearbeitet hat, verbietet seinen Kindern soziale Medien. Diese sorgen, in seinen Worten, für: «addiction, distraction, isolation, polarization, fake news». Es sind Verliererdrogen: Social Media tötet Kreativität, Denken, Leben. Sie lenken uns ab von menschlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen, denen wir uns dringend stellen müssten. Wir schieben diese Herausforderungen hinaus, genauso wie wir tagtäglich unser Menschsein hinausschieben, indem wir heute ganz sicher nur noch ein einziges Mal auf Facebook gehen. Und es nicht einhalten können. Nur noch einziges Mal einloggen, im Bett, vor dem Schlafengehen. Gute Nacht, Mark Zuckerberg. Sweet Dreams. Haha-Smiley.

Löschen Sie Ihre digitalen Profile, löschen Sie nicht Ihr Leben. Herz-Smiley.