Mir nämeds uf öis
Premiere am 14. Dezember 2017
Unterstützt vom Förder-Circle des Schauspielhauses
Eine der zentralen Fragen der Gegenwart lautet: wohin mit den Fehlleistungen meines Wirkens auf Erden? Gemeint ist hier weniger der Wunsch nach spiritueller Vergebung. Gesucht wird nach einer Entsorgungsstelle für jene zweifelhaften Daten und Zahlen, die die finanziellen, politischen, ideologischen und ökologischen Bilanzen belasten. Was früher einfach mit Tipp-Ex vertuscht oder in Beichtstühlen verhandelt wurde, trägt spätestens seit der letzten Weltfinanzkrise den Namen „Bad Bank“. Diese Institution nimmt alles, was monetär faul oder absolut verfault ist, und lässt auf diese Weise die Marmorsäulen der klassischen Finanzhäuser in zarter Unschuld glitzern. Doch reicht das in Anbetracht der globalen Sündenfülle? Wohl kaum. Genau aus diesem Grund gründen Christoph Marthaler und sein Ensemble nunmehr einen vom Festland abgekoppelten „Bad State“, dessen Existenz allein darauf ausgerichtet ist, anderen ihre Probleme abzunehmen. Und zwar alle. Versprochen. Mir nämeds uf öis!
„Erstmals seit seinem Abgang als Intendant inszeniert Christoph Marthaler wieder am Zürcher Schauspielhaus. „Mir nämeds uf öis“ heisst das Programm, das viele seiner Lieblingspossen enthält und das Premierenpublikum in Verzückung versetzte.“ Tages-Anzeiger
„Wenn Wagners „Parsifal“ nahtlos in ein Moll-Happy-Birthday übergeht und Udo Jürgens gleichberechtigt neben Bach steht, dann sind Christoph Marthaler und sein phantastisches Ensemble am Werk. „Mir nämeds uf öis“ heisst ihr neuer, gemeinsam erarbeiteter Projekt-Streich, mit dem der einst geschasste Intendant triumphal ins Schauspielhaus Zürich zurückkommt.“ NZZ am Sonntag
„Nehmen wir den finalen Applaus vorweg: Er war heftig. Er galt nicht nur der Uraufführung der Revue „Mir nämeds uf öis“ im Schauspielhaus Zürich, sondern ganz besonders dem Regisseur Christoph Marthaler, dem in diesem Jahr ganz besonders viel Ehre zukommt.“ Aargauer Zeitung
„Ganz am Schluss, wenn die Reise zu Ende ist, alle Worte gesagt und alle Lieder gesungen sind, bricht im Schauspielhaus der Jubel los – einen grösseren hat es im Pfauen schon lange nicht mehr gegeben. Das Zürcher Publikum schreit Bravo und trampelt mit den Füssen; es jubelt, als dürfte in diesem Moment nichts zu Ende sein. Immer wieder treten die Schauspielerinnen und die Schauspieler, die den Abend für das Publikum zum Ereignis gemacht haben, an die Rampe, sie nehmen den Jubel entgegen. Mitten unter ihnen: Regisseur Christoph Marthaler, der sie auf diese Reise mitgenommen hat.“ Der Landbote
„Trotz der Sanftheit seiner Inszenierungen, der freundlichen Wunderlichkeit der in ihnen agierenden Personen, der feinen Musikalität darf man nie vergessen, dass Marthaler im Grunde immer ein politisch denkender Regisseur war. Und es natürlich noch ist. „Mir nämeds uf öis“ ist eine pointierte Bestandsaufnahme der miesen Seite aller Geschäftsgebaren, die im Ausgangspunkt sehr schweizerisch ist – Stoff dafür liefert die Eidgenossenschaft genug.“ Süddeutsche Zeitung
„„Mir nämeds uf öis“ – auf Hochdeutsch: Wir nehmen es auf uns – ist ein typischer und ein gelungener Marthaler-Abend: skurril, grotesk, witzig und bei allem Klamauk auch immer melancholisch. Jubel im Schauspielhaus. Und eine triumphale Rückkehr für den Theatermann, der dort von 2000 bis 2004 als Intendant wirkte, ehe er reichlich brüsk abgesetzt wurde, weil die Einnahmen angeblich nicht stimmten.“ Schwäbische Zeitung
„Der Höhepunkte sind nicht genug: Nikola Weisse im Mutti-Kostüm zerbricht nicht nur stimmlich nachgerade an Elton Johns Ballade „Sorry seems to be the hardest word“. Ueli Jäggi ist der überzeugendere Peter Alexander. Dethleffsen, Wirth und Rafael Clamer mit Schlafmasken sind Elektro-Popper von „Kraftwerks“ -Gnaden und poppen den alten Vivaldi. Und die norwegische Sängerin Tora Augestad, seit jüngerem ein fester Bestandteil jedes Marthaler-musikalischen Arrangements, schmettert eine „Rheingold“-Arie und besteigt dabei eine Rehkeule, um die „Schwülen Gedünste“ zwischen ihre Schenkel zu nehmen.“ NZZ
„„Das ist der unangenehmste Start, an dem ich je teilgenommen habe. Mir ist extrem übel“, meckert Jean-Pierre Cornus Laienpriester, den man nicht im Nacken stehen haben möchte. Auch den anderen ist furchtbar schlecht. Und das ist erst mal furchtbar witzig und selbstironisch. Noch treiben sie im Raumschiff ins Unbekannte und spekulieren auf grosse Gewinne. Schweine im Weltall eben. Ueli Jäggis grossartig sich selbst in die Tasche lügender Nestlé-tauglicher Geschäftsmann etwa beichtet beim Laienpriester, wie er südamerikanisches Grundwasser in Tresorgold verwandelte – zum Schaden der dortigen Bevölkerung. Nikola Weisse gibt souverän gebrochen eine unschuldige Paradise-Papers-Gewinnlerin. Raphael Clamers sportlicher Start-up-Optimist freut sich über den Knall des Aufpralls, wenn man von einer hohen Hoffnung tief fällt. Und Nicolas Rosats hoch komischer Edelkrimineller kommt mit dem moralischen Niedergang ganz gut zurecht. Wenn da Elisa Plüss deklamiert: „Nehmen ist dasselbe wie geben nur ohne geben“, spricht sie allen Anwesenden aus dem schmutzigen kleinen Herzen. Allmählich aber begreifen die Passagiere, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis sie die Verantwortung für ihre „selbst verschuldete Zwangslage endgültig übernehmen“ müssen. Koordiniert von Susanne-Marie Wrages Stewardess, die wunderbar eisköniginnenkalt ihre private Agenda verfolgt, fliegen sie in den Untergang.“ Tages-Anzeiger
„Grosses Lob gehört allen Darstellern (am Premierenabend fehlte krankheitshalber Siggi Schwientek), die ihre schwierigen Rollen mit Bravour meistern. Alle spielen und singen herzerweichend komisch und skurril. Speziell erwähnen wir Ueli Jäggi, der als unverbesserlicher Schwerenöter im Beichtstuhl und als sich in Pose werfender Udo Jürgens eine Glanzleistung seines Könnens zeigt. Nicht minder vergnüglich sind die Auftritte der übrigen Spieler (Gottfried Breitfuss, Raphael Clamer, Jean-Pierre Cornu, Bernhard Landau, Elisa Plüss, Nicolas Rosat, Nikola Weisse und Susanne-Marie Wrage).“ seniorweb.ch
„Nicolas Rosat als Fussball-Funktionär, der bei seiner schleimigen Rechtfertigungsrede immer wieder in Wutgebell verfällt, erhält ebenso Szenenapplaus wie Raphael Clamer, der als Gründer eines Start-ups zur karrierevernichtenden Erzeugung von Shitstorms eine Art epileptischen Anglizismen-Anfall quer durchs Alphabet zu überstehen hat. Als Ueli Jäggi mit dem vollendet pomadigen Schnulzencharme des Tingeltangel-Virtuosen „Wer nie verliert, hat den Sieg nicht verdient“ von Udo Jürgens zelebriert, ist das Zürcher Premierenpublikum fast nicht mehr zu halten.“ Frankfurter Allgemeine Zeitung
„Tora Augestad treibt als Fokus das Singspiel mit dem bekannten Marthaler-Repertoire an: Barock, Klassik, Romantik, frühe Moderne, Schlager. Die Einlagen wirken immer wieder erhebend, tröstlich oder herzerweichend komisch. Etwa wenn sich die Unternehmerin an „Sorry seems to be the hardest word“ von Elton John versucht: Nikola Weisse kann das überhaupt nicht singen. Aber sie kann – und so funktioniert ja Marthalers Theater im besten Falle – den kaputten Gefühlsbezug fühlbar machen und das Potential dahinter mitschwingen lassen. Als vollendeter Causeur wirft sich der schmierige Whistleblower an Bord in Pose: „Wer nie verliert, hat den Sieg nicht verdient“ (Udo Jürgens), bei Ueli Jäggi wird es zum Bekenntnis eines unverbesserlichen Schwerenöters.“ Nachtkritik.de
„Im Hintergrund befindet sich das Cockpit, der vordere Bühnenraum ist als eine Art Seminarraum gestaltet (Bühnenbild: Duri Bischoff). Und noch weiter vorn, schon fast im Zuschauerparkett, steigt ab und an eine Hebebühne empor, bestückt mit zwei Klavieren, an denen Bendix Dethleffsen und Stefan Wirth sitzen und virtuos in die Tasten hauen, wenn sie nicht gerade im Hintergrund e-Klänge produzieren.“ sda
„„Mir nämeds uf öis“, das Projekt von Marthaler und Ensemble im Pfauen des Zürcher Schauspielhauses, endet absurd-dystopisch – und mit frenetischem Beifall, nachdem gut zwei Stunden viel gelacht wurde.“ Basler Zeitung
„Die Zürcher Zuschauer jubeln, manche jodeln gar ob dieser vergnüglichen Weltuntergangsfarce aus der Werkstatt Marthaler.“ Schwäbische Zeitung
„Marthaler endet so liebenswürdig wie illusionslos: Tora Augestads Kulturhologramm krepiert erbärmlich zu Michael Jacksons „Man in the Mirror“, und ein Pappmaschee-Ausblick in die Welt von Morgen zeigt, dass nur niedliche Koloss-Kalmare das „Digizäum“ überleben werden.“ taz
„Zum Schluss zeigt sich Marthaler als Fuchs. Er inszeniert den Zürcher Brauch des „Böögg“-Verbrennens, lässt das Ensemble gebückt und tattrig, als stützte es sich auf Rollatoren, um die brennende Figur herumrennen, gibt den Frühlingsevent als bürgerliches Alt-Herren-Ritual dem Gelächter preis. Das Zürcher Publikum applaudierte trampelnd.“ Nachtkritik.de
„Alles ist weich und luftig wie ein Soufflé im Bühnenraum von Duri Bischoff. So absurd und komisch, dass man zwei Stunden lang pausenlos am Lachen ist.“ St. Galler Tagblatt
„Geboten wird ein hinreissendes Musik-Theater-Spektakel der besonderen Art, das am Premierenabend frenetisch gefeiert wurde.“ seniorweb.ch
„Herrlich schräg: Am Zürcher Pfauen erteilt uns Christoph Marthaler die Absolution“ Südkurier
- Regie
- Christoph Marthaler
- Bühne
- Duri Bischoff
- Kostüme
- Sara Kittelmann
- Musikalische Leitung, Einstudierung
- Bendix Dethleffsen
- Tasteninstrumente, Arrangements
- Bendix Dethleffsen, Stefan Wirth
- Licht
- Rainer Küng
- Dramaturgie
- Malte Ubenauf
- Regieassistenz
- Clara Isabelle Dobbertin
- Bühnenbildassistenz
- Marie Hartung
- Prompter
- Gabriele Seifert
- Inspizienz
- Aleksandar Sascha Dinevski
- Kostümhospitanz
- Liv Senn
- Regiehospitanz
- Selina Girschweiler, Livia Class
- Theaterpädagogik
- Katrin Sauter
- Video
- Andi A. Müller