Der Besuch der alten Dame
Pfauen
Premiere am 11. Dezember 2015
Für die Einspielung der Kompositionen danken wir dem Casal Quartett sowie Nitzan Bartana, Michal Beck, Anton Vilkhov, Ori Wissner-Levy und dem Collegium Vocale Grossmünster, Leitung Kantor Daniel Schmid.
Man erwartet den Besuch der Multimilliardärin Claire Zachanassian. Die Kleinstadt Güllen war einst wohlhabend, ist nun aber völlig verarmt, die ganze Stadt wird gepfändet, selbst das Heimatmuseum wurde „vor drei Jahren nach Amerika verkauft“. In dieser ausweglosen Situation hofft der Bürgermeister auf eine rettende Stiftung der alten Dame, die als Klara Wäscher in Güllen aufgewachsen ist. Claire Zachanassian erreicht das Städtchen in einem grotesken Auftritt, umgeben von Dienern und Zofen, zwei Sänftenträgern – „Gangster aus Manhattan“ – sowie ihrem siebten Gatten. Sie lässt den Bürgermeister nicht lange werben, sondern kündigt eine Schenkung von einer Milliarde an – unter der Bedingung, dass sie sich dafür „Gerechtigkeit“ kaufen könne: Jemand solle den Kaufmann Alfred Ill töten, mit dem sie damals eine stürmische Liebe erlebt hat, der sie jedoch als junge Frau mit dem gemeinsamen Kind sitzen liess. Diese bittere Komödie, 1956 am Schauspielhaus Zürich uraufgeführt, ist voller grotesker Fantasie und zeigt die makabre Automatik einer moralischen Verfehlung: Umso mehr die Bürger von Güllen Schulden machen, umso mehr verpflichten sie sich unausgesprochen auf das Angebot von Claire Zachanassian einzugehen. So steckt das Stück das Feld zwischen Recht und Rache, Selbstjustiz und der „Gerechtigkeit des Geldes“ ab. Claire Zachanassian selbst nimmt darin einen grotesken Charakter an: Nicht nur ihr Auftritt und ihre Entourage wirken komisch und grausig zugleich, auch sie selbst wirkt wie ein Prothesenmensch – fast alles an ihr ist künstlich. Viktor Bodó, 1978 in Budapest geboren, wurde durch seine Arbeiten als Hausregisseur am Katona József Theater in Budapest bekannt, u.a. mit einer Adaption von Kafkas „Prozess“, die zu zahlreichen internationalen Festivals eingeladen wurde. Seit 2006 arbeitet er regelmässig im deutschsprachigen Raum, u.a. am Schauspiel Köln, am Schauspielhaus Graz und am Deutschen Schauspielhaus Hamburg. 2008 gründete Bodó seine eigene Theatertruppe Szputnyik Shipping Company. Bodós Arbeiten wurden mehrfach für den Nestroy-Theaterpreis nominiert, seine Inszenierung „Die Stunde da wir nichts voneinander wussten“ war 2010 zum Theatertreffen eingeladen. In Zürich inszeniert Viktor Bodó zum ersten Mal.
„Getümmel und Geklüngel, mit musikalischer Unterstützung energievoll choreografiert und in raffiniertes Licht getaucht: Viktor Bodós Bilderbogen, aus dem immer wieder schauspielerische Soli aufblühen, präsentiert sich als Volkstheater im besten Sinn. Ein bitterer Schwank, eine kreischende Groteske. Und obwohl der szenische Humor bisweilen eine etwas unmotivierte Eigendynamik entwickelt, hütet er sich doch davor, ins Läppische zu kippen. Ernst und Schärfe bleiben dem Gleichnis unbenommen. In Zürich endet es mit einer Pointe – die wir nicht verraten.“ NZZ
„Konjunktur für eine Leiche. Die Korrumpierbarkeit ist heute so gewiss wie vor 60 Jahren. Viktor Bodó inszeniert Dürrenmatts Groteske in Zürich gerade heraus, mit sicherem Sinn für starke Bühneneffekte, und lässt seiner zartbitteren Claire Zachanassian wie der ganzen Truppe viel Raum für virtuose Komödiantik. Das fabelhafte Zürcher Ensemble greift zu und gibt dem Affen Zucker, es ist das reinste Vergnügen, ihnen zuzuschauen.“ SRF 2
„Bodós Inszenierung schreckt weder vor der Farce noch vor Klamauk-Passagen zurück, setzt freilich ebenso zarte wie ruhige Phasen dagegen. Das Fallbeil der Korrumpierbarkeit lässt er freilich gnadenlos niedersausen. Da kennt der Spass keine Gnade. Ein grandioser Abend. Reif fürs Berliner Theatertreffen. Selbst das sonst recht zurückhaltende Zürcher Publikum zeigte sich begeistert.“ theaterpur.net
„Dass der ungarische Regisseur Viktor Bodó mit der Aufgabe betraut wurde, war ein kluger Entscheid. Bodó hatte schon mit Gogols „Der Revisor“ am Vig Theater Budapest heftig Kritik an den Zuständen in seiner Heimat geübt. In seiner ersten Zürcher Inszenierung tut er es direktdemokratisch. Auch wenn die am Städtchen Güllen vorbeirauschenden Schnellzüge zischen wie Dampfloks und die Koffer der Claire Zachanassian den Rollkofferstatus noch nicht erreicht haben: Güllen, das sind wir.“ Schweiz am Sonntag
„Regisseur Bodó schöpft aus dem Vollen der theatralischen Möglichkeiten und zeigt mit Fantasie und scharfsinniger Analyse, dass das Werk bis heute nichts von seiner Aussagekraft verloren hat. Die kastrierten Assistenten der Milliardärin – auch sie Racheopfer – lässt er in beckettschen Bildern klamaukhaft auftreten. Wenn die nur aus Prothesen bestehende Protagonistin im violetten Trainer über die Bühne joggt, werden wir an die surrealen Einschübe in den Filmen Fellinis erinnert. Aber Bodó behält alles im Griff, auch dank der Bühne (Juli Balázs) mit dem grossen Halbrund, die sich für die verschiedensten Szenen eignet und mit der vorgelagerten Zisterne auch die Richtstätte für abgibt. Wie er aber effektiv ermordet wird und wie die Güllener in der Schlussszene mit dem Goldenen Kalb umgehen, sei nicht verraten; doch gehören Einfälle wie diese zu den Neuerungen des Regisseurs, an dem auch der grosse Fritz seine Freude gehabt hätte. Das letzte Bild klingt an die „Die Blinden“ von Pieter Bruegel an, nicht zufälligerweise ein Lieblingsmaler Dürrenmatts.“ Bündner Tagblatt
„Das Zeitalter des Moralismus war gestern. Heute ist das Groteske normal. Man hat sich daran gewöhnt, wenn man es überhaupt noch merkt. Dass es sich so auch ganz gut leben lässt, das beweist diese Inszenierung mit ihren umwerfenden Slapsticknummern, mit ihrem zum Musical verdrehten Dürrenmatt, der sein Stück einst ja als „tragische Komödie“ bezeichnete.“ Basler Zeitung
„Rolle rückwärts auf der Pfauenbühne! Da sporteln sich böse Clowns durch eine klassische Koffer-Nummer, als seien sie Stars im Zirkus und nicht Sklaven der Milliardärin Claire Zachanassian, die nun im verlotterten Kaff Güllen absteigt, das einst ihre Heimat und Hölle war. Da macht Claires Mund eine eigenwillige „Ha-ha-ha“-Gymnastik, als sei er ein gedopter Akrobat, bis der Butler endlich die Lachmechanik am Hals der alten Dame abstellt – und wir für Friederike Wagner den Applaus anstellen. Da knurren Mägen, quietschen Beinprothesen überlaut eine regelrechte Comic-Akustik in die Soiree; jedenfalls dann, wenn nicht gerade der „Zarathustra“-Bombast von Richard Strauss oder die „Capri-Fischer“-Schnulze von Rudi Schuricke Ironie auf die Bühne bomben. Und das Ensemble turnt sich zweieinhalb Stunden durch den Dürrenmatt-Text, wie er im Diogenes-Büchlein steht.“ Tages-Anzeiger
„Wenn das Ereignis, das das Städtchen Güllen so verändern wird, dass moralisch kein Stein auf dem anderen bleibt, unmittelbar bevorsteht, lässt Viktor Bodó einen gewaltigen Donnerschlag auf die Pfauenbühne niedergehen. Und wenn der Zug, der die Milliardärin Claire Zachanassian zurück in ihren Geburtsort bringt, ausserplanmässig in Güllen hält, erscheint im Hintergrund ein leuchtendes Monstrum, es quietscht und knarrt und es steigt Dampf, viel weisser Dampf in den Bühnenturm auf. Der ungarische Regisseur wirft ungeniert die theatrale Illusionsmaschine an, als habe es das postdramatische Theater mit seinem exzessiven Einsatz von Webcams und Videotechnik nie gegeben. Er gibt dem Theater seine ureigenen Mittel zurück – und das führt in Zürich zu einem kurzweiligen, vor gestalterischen Ideen sprühenden Abend.“ Badische Zeitung
„Schon die erste Szene im Schauspielhaus zeigt ein starkes Bild, auf das andere folgen werden, eindringlich und grotesk, wie sie auch Dürrenmatt als Maler liebte. Vier graue ältere Männer warten am Bahnhof auf die Ankunft der Milliardärin, wir hören Hundegebell und Kuhmuhen im Hintergrund, und die Magengeräusche des Quartetts dringen verstärkt ins Publikum. Der „Rasende Roland“ hält, weil Kläri Wäscher (so der Mädchenname Claires) die Notbremse hat ziehen lassen. Spätestens als sie den Zugführer mit einem Geldbetrag von einer Busse abhalten kann, ist klar, dass man mit Geld alles kaufen kann.“ Bündner Tagblatt
„Spiel mir das Lied vom Tod, scheinen die vier alten, grauen Männer zu sagen, die da am Bahnhof auf den Besuch warten. Einer vertreibt auch noch die Fliege, wie die Cowboys am Beginn von Sergio Leones Italowestern. Auch im Zürcher Pfauen steigt der Tod aus dem Zug, in Gestalt der Multimilliardärin Claire Zachanassian, die den Ort ihrer Jugend besucht. Und scharf geschossen wird auch in Viktor Bodós Version von Friedrich Dürrenmatts „Besuch der alten Dame“.“ Nachtkritik.de
„Imaginäre Blitze verunsichern die Menschen, Donner grollt – es wird immer finsterer. Bis zur grandios ausgespielten Szene, in der der Volkswille in Gestalt des Gemeinderates erreicht, was die Alte Dame, die Rächerin, will. Jeder hat das Wort. Und während das Mikrophon von einem zum anderen wandert, legt sich dessen Kabel zunehmend enger um den Hals des Delinquenten – und erwürgt ihn schliesslich. Schuldig? Schuldig ist keiner. Gemordet haben alle, gemordet hat die direkte Demokratie. Allein der Lehrer ist sich bewusst, was mit ihm geschieht: „Ich fühle, wie ich zum Mörder werde.““ theaterpur.net
„Um diese Pläne zu verwirklichen, ist Claire Zachanassian heimgekehrt ins Provinznest Güllen. Friederike Wagner spielt die monströse Paraderolle souverän als klapprig-sanftes Ungeheuer von ungemütlichem Liebreiz: leise und lächelnd. Wobei man nie weiss, ob das Lächeln dieses Wesens – halb Mensch, halb Automat – nicht komplett artifiziell ist. Einmal jedenfalls verselbständigt sich ein Lachanfall der Claire Zachanassian und hört nicht mehr auf, bis Butler Boby (ein ebenfalls klappriger Claudius Körber im Frack, mal mit, mal ohne Schweinskopf-Maske) den Schraubenschlüssel ansetzt und für Beruhigung sorgt. Andere Male wird das zerbrechliche Geschöpf unzimperlich verteidigt durch die eiserne Faust von Bodyguard Toby (Amine Yacoubi) oder eine virtuose Einlage des glatzköpfigen Eunuchenduos Koby und Loby (Philippe Graff und Gerrit Frers).“ NZZ
„Claire Zachanassian ist die Rache selbst, sie ist die Hölle. Bei der Schauspielerin Friederike Wagner ist es eine unheimlich sanfte Hölle. Freundlich, im verbindlichsten Tonfall, stellt sie ihre eiskalten Forderungen – eine Milliarde für einen Mord.“ SRF 2
„Wie Friederike Wagner als Todesengel mit weicher Stimme Grauenhaftes ausspricht, ist eine Meisterleistung. Und Alfred (Klaus Brömmelmeier) weiss schon früh, dass er keine Chance hat; auch der Lehrer (Matthias Neukirch) wird am Schluss in einer Predigt die eigenen moralischen Prinzipien verraten.“ Bündner Tagblatt
„Klaus Brömmelmeiers lll ist nicht der vor Selbstgewissheit strotzende Mann, der in totaler Selbstüberschätzung glaubt, immer noch an seine Verführungskünste von damals, im Konradsweiler Wald, anknüpfen zu können. Seine Selbsterkenntnis geht seiner Demontage und seinem Verrat durch die Güllener voraus: Seiner Schuld kann er nicht entrinnen, er weiss es früh und fügt sich in sein Los. Friederike Wagners alte Dame verbindet grandios körperliche Zerbrechlichkeit mit dem Anspruch einer Diva auf rückhaltlose Gefolgschaft. Ihre riesigen Augen scheinen immer wieder träumerisch in andere Sphären zu blicken – nach Capri vielleicht, wohin sie mit dem toten Ill ziehen will. Doch auch wenn sie sich gelegentlich romantische Anflüge gestattet, weicht sie doch kein Jota von ihrem Racheplan ab.“ Badische Zeitung
„In Güllen bekommt diese Frau den ganz grossen Bahnhof. Denn Güllen ist völlig verarmt, alles ist heruntergekommen und ruinös. Die einzige Hoffnung: Die berühmte Frau möge einige ihrer Millionen dalassen. Und dann kommt ihr Angebot: Eine Milliarde gegen eine Leiche: Alfred Ill liess sie einst schwanger sitzen und auch noch vor Gericht verleumden. Das hat sie ihm nie verziehen. Und nun will sie Gerechtigkeit kaufen. Wagner spielt die alte Dame genau auf dieser Grenze zwischen süsser Erinnerung und galliger Rachsucht.“ Nachtkritik.de
„Fellmers Polizist stösst in seinen rasenden Wortkaskaden – bravo! – falsche Beruhigungen heraus wie Gewehrsalven. Friederike Wagners fantastisch automatenhafte, aus Prothesen zusammengeknirschte Claire spuckt ihre Verlockungen verfremdet aus. Gern verschenkt sie „‘Ausender“, um die Regeln für sich zu beugen; und das Angebot an Güllen lautet „500 Mill’onen“ für die Stadt und „500 Mill’onen“ verteilt auf die Familien. Was für ein irres, marthalereskes Herumabsurdern! Erwürgt, versenkt, verbrannt Bodó lässt Dürrenmatts „tragische Komödie“ zum 25. Todestag des Dramatikers wie ein schauriges Kasperletheater klackern. Sein selbstreflexives Grand Guignol braucht weder die Journalistenszenen noch die bitteren pädagogischen Chöre am Ende. – Klaus Brömmelmeiers wunderbarer Homo non-sapiens – wird erwürgt, versenkt, verbrannt. Und alle werfen sich auf den fortflatternden Check. Dann, letzter Scherz, gehen die Lampen aus.“ Der Bund
„Grossartig sind Gerrit Frers und Philippe Graff als blinde Eunuchen. Unter den Güllenern fällt vor allem der Polizist auf, den Benedict Fellmer als Schnellsprech spielt, den man beim besten Willen nicht mehr versteht. Nicht zuletzt seien die beiden Protagonisten erwähnt: Klaus Brömmelmeier erhielt für seinen ernsthaft leidenden einen verdienten Sonderapplaus. Friederike Wagner als Claire treibt mit automatenhafter Konsequenz ein ganzes Dorf in die Schuldenwirtschaft, bis von Moral nichts, aber auch gar nichts mehr übrig bleibt.“ Basler Zeitung
„Die Güllener werden stets konsumfreudiger, Alfred Ill, das Opfer (Klaus Brömmelmeier) immer verzweifelter, Claire Zachanassians Clowns (Gerit Frers, Philippe Graff) liefern erstklassigen Slapstick, der Polizist mit Zürcher Wappenschild an der Mütze (Benedict Fellmer) zieht schneller als sein Schatten, der Butler singt mit grandioser Inbrunst „La Paloma“ (Claudius Körber). SRF 2
„Kein Schauspieler bewegt sich noch normal: Der Polizist rast sozusagen mit Blaulicht durch seine Sätze (Benedict Fellmer macht das bravourös), Ills Tochter Ottilie ist strohdoof und tolpatschig, stösst ihren Kopf an allen verfügbaren Vorsprüngen, die beiden Diener Loby und Koby sind nicht nur blind und kastriert, sondern auch total verblödet. Nach der Pause ist die Stadt total korrumpiert. Längst haben sich alle neue Kleider, Möbel und Luxus gekauft, auch die Fenster des Bahnhofs sind neu. Nun braucht man nur noch die moralische Erklärung für das geplante Töten. „Ich fühle, wie ich zum Mörder werde“, sagt Matthias Neukirch als Lehrer. Ihm nimmt man das verzweifelte Strampeln gegen die allgemeine Mordlust am ehesten ab, kommt ihm doch nicht nur die Rolle des Chorleiters, sondern auch die des letzten Humanisten zu. Er dirigiert einen grossen Choral, lässt darin lateinisch den Richter zu Gericht sitzen.“ Nachtkritik.de
„Geboten wird ein bildstarkes, lautes und buntes Spiel mit viel Klamauk und grossartigen Darstellern. Friederike Wagner verkörpert eine zarte und kantige Claire, die sich eine eigene Weltordnung leistet, grossartig sind ihre Gags mit den Tücken der technischen Körperhilfen. Klaus Brömmelmeier legt Alfred Ill von Anfang an als weichen, unsicheren Typen an, der sich zum Schuldigen mausert und das Todesurteil teilnahmslos hinnimmt. Grandios ist Matthias Neukirch als Lehrer, der mit seinen humanistischen und rechtsstaatlichen Prinzipien ringt und widerwillig und stampfend seine Kehrtwende zu rechtfertigen versucht. Auch die übrigen Darsteller gefallen durch ein intensives Spiel, allen voran Gerrit Frers und Philippe Graff als die blödelnden Blinden Loby und Koby und Benedict Fellmer als unverständlich plappernde Karikaktur eines Polizisten.“ seniorweb.ch
„Viktor Bodó versucht gar nicht, der starken Parabel eine eigene Prägung aufzudrücken. Er bleibt nah am Text, der – Dürrenmatts Verdienst – unglaublich heutig klingt, garniert ihn aber mit Gags à discrétion. Da die Figuren ihre Ticks lustvoll spielfreudig zelebrieren, verkommt die comicartige Aufmöbelung nicht zur Witznummer, sondern gerät zur akkuraten Typen-Revue: Nicolas Rosats Bürgermeister fuchtelt rhetorisch gegen den Lärm des losfahrenden Zugs an; Milian Zerzawys Pfarrer knutscht bei jeder Gelegenheit das naseweise Krämertöchterlein ab (Henrike Johanna Jörissen); Matthias Neukirch, der seinen „Humanismus“ betonende Lehrer, motiviert das Publikum im Saal emphatisch zum Mitsingen; Benedict Fellmer brilliert als strammstehender Polizist im nuschelnden Schnellsprech. Und der vorwiegend stummen Julia Kreusch, Ills Ehefrau, gelingt es allein durch Mimik und Haltung, den Gesinnungswandel zu spiegeln, der sukzessive alle Güllener erfasst – die „humanistischen Prinzipien“ werden flugs verdreht: „Wir sind auch nur Menschen.““ NZZ
„Den „Besuch der alten Dame“, Friedrich Dürrenmatts „tragische Komödie“ von 1956, bringt das Schauspielhaus Zürich zum 25. Todestag des eminenten Schweizer Dramatikers in einer Inszenierung von Viktor Bodó auf die Pfauenbühne. Der Regisseur aus Ungarn, seit geraumer Zeit im deutschsprachigen Raum tätig, verleiht dem modernen Klassiker mithilfe seines Ausstattungsteams (Bühne: Juli Balázs, Kostüme: Fruzsina Nagy) patinierten Retro-Charme und trifft punktgenau die miefige Atmosphäre der Allerweltskleinstadt. Schwere Betonarchitektur, dunkelgrau mit einem Stich ins moosig Dunkelgrüne, fügt sich zum Halbrund; im Zentrum dieser Agora ragt ein rundes Podest empor, wahlweise Wartebank, Rednertribüne, Beichtstuhl oder jener Dorfbrunnen, in den die Gemeindeversammlung Alfred Ill schliesslich versenken wird.“ NZZ
„Viktor Bodó überzieht den guten alten Dürrenmatt mit drastischen Bildern“ Nachtkritik.de
„Bodó fokussiert in seiner genialen Inszenierung weniger auf menschliche Schwächen. Die direkte Demokratie selber wird als perfide Inszenierung vorgeführt. Als die Güllener ihren und jede moralische Bedenken fallen lassen, soll das Publikum in die Totenmesse einstimmen. Und weil klar ist, dass der Zuschauer nicht mitmachen wird, wird die Musik einfach eingespielt. Deshalb geht auch bei der Abstimmung an der Gemeindeversammlung, die Ins Todesurteil besiegeln soll, bei der Auszählung der Stimmen im Theater das Licht aus.“ Schweiz am Sonntag
„Es ist einer der häufigsten Titel auf den Spielplänen: Friedrich Dürrenmatts „Der Besuch der alten Dame“. 1956 kam es im Zürcher Schauspielhaus zur Uraufführung. Daselbst hat es jetzt der ungarische Regisseur Viktor Bodó neu inszeniert – dicht, präzis, vergnüglich.“ SRF 2
„Regisseur Viktor Bodó zeigt in seiner brillanten Inszenierung am Zürcher Schauspielhaus, dass Friedrich Dürrenmatts Aussagekraft bis heute ungebrochen ist.“ Bündner Tagblatt
„Auf der Zürcher Pfauenbühne machte der Ungar Viktor Bodó aus dem Hit „Der Besuch der alten Dame“ mit einem virtuosen Schauspielerensemble ein hochartistisches, brutal komisches Kasperlestück.“ Tages-Anzeiger
„Halb Mensch, halb Automat – so tritt Friederike Wagner als Claire Zachanassian an. Mit eisiger Sanftheit regiert sie eine Inszenierung, der heftige Gags den Ernst nicht nehmen.“ NZZ
- Regie
- Viktor Bodó
- Bühne
- Juli Balász
- Kostüme
- Fruzsina Nagy
- Musik
- Klaus von Heydenaber
- Sounddesign
- Gábor Keresztes
- Licht
- Frank Bittermann
- Dramaturgie
- Anna Veress, Karolin Trachte
- Regieassistenz
- Barbara Falter
- Bühnenbildassistenz
- Simon Sramek
- Kostümassistenz
- Marcus Karkhof
- Souffleuse
- Katja Weppler
- Inspizienz
- Dagmar Renfer
- Theaterpädagogik
- Katrin Sauter, Manuela Runge
- Regiehospitanz
- Sofia Maria Heuri