Der Bürger als Edelmann
Pfauen
Premiere am 6. Februar 2014
Unterstützt vom Zürcher Theaterverein
Dem Pariser Handwerker Monsieur Jourdain missfällt sein gewöhnliches, bürgerliches Dasein: Weil er sich in die schöne Marquise Dorimène verliebt hat, will er unbedingt ein Adelsangehöriger werden. Das Projekt ist zum Scheitern verurteilt: Am Ende dieser turbulenten Satire sind alle um eine Enttäuschung reicher und sowohl Adel als auch Bürgertum in ihrer Selbstüberschätzung und ihren fehlgeleiteten Idealen blossgestellt.
Zuletzt waren am Schauspielhaus Zürich von Werner Düggelin Eugène Scribes „Das Glas Wasser“ und Jon Fosses „Schönes“ zu sehen. Mit „Der Bürger als Edelmann“ setzt er seine langjährige Auseinandersetzung mit Molière fort.
„Witzig, feinsinnig, melancholisch: Molières „Bürger als Edelmann“, am Schauspielhaus Zürich inszeniert von Werner Düggelin. Eine Comédie-ballet samt Musikeinlagen zeigt Werner Düggelin, der die Molièresche Vorlage sanft modernisiert. Im Zentrum steht Rainer Bocks titelgebender Bürger als Edelmann. Grossartig.“ NZZ
„Der hinreissend immer noch spannkraftwitzige und menschenliebende, weit über achtzig Jahre alte Regisseur Werner Düggelin, ein grosser, ingeniöser Zuhörer und sanft beharrlicher Belauscher seiner Figuren, entwickelt für Molières Herrn Jourdain, der auf den Bühnen, die er sowieso nicht allzu oft betritt, sonst keine Chance hat, ausser verlacht zu werden, eine geradezu verrückte Zärtlichkeit und Sympathie. Düggelin nimmt ihn nicht beim komischen Effekt (den er keineswegs unterspielt), sondern beim ernsthaften Wünschen und Wollen. Und vor allem: Lernenwollen. So bekommt der Mann, der wild entschlossen ist, seinem Dasein die Phantasiekronen des höheren Lebens aufzusetzen, von der Regie das grosse Glück spendiert, das aus einem Leben werden kann, wenn man es ganz zu Theater macht. Und das Düggelins Bühne hier schwebeleicht und urkomisch und feinmenschlich widerspiegelt.“ Frankfurter Allgemeine Zeitung
„Werner Düggelin inszenierte, Jürg Kienberger tirilierte – und der Pfauen vibrierte; kapitulierte vor der geballten Ladung Molière, Musik und Munterkeit. Und so gab's am Donnerstag Szenenapplausstürme, einen Beifallsorkan und stehende Ovationen.“ Tages-Anzeiger
„Wer soll da hingehen, zu Jean-Baptiste Molières (1622 1673) Ballett-Komödie „Der Bürger als Edelmann“, zu einem Musical aus dem Jahre 1670? Wer will eine Komödie sehen, in der ein Herr Jourdain um die Gunst einer Adligen buhlt und sich zum Affen macht? Wer will sich den Bauch volllachen im Plüschtheater, weil dieser vor Liebe und Adelssucht blind gewordene Bürger nicht mal den Unterschied zwischen Prosa und Vers kennt? Regisseur Werner Düggelin offenbar durchaus, er begegnet dem Werk auf der Pfauenbühne mit einem kopflastigen Lächeln und bittet vordergründig einen klassischen Abend voller Verse, Plüsch und Degen. Ja, der 84-jährige „Dügg“ ist selbst ein grosser Fechtmeister! Ein kühner Streich und schon ist ein vermeintlich langfädiger Dialog zu einem Spässchen verkürzt.“ Aargauer Zeitung
„Wir dürfen uns diesen Monsieur Jourdain als glücklichen Menschen vorstellen. Das nervende Meckern seiner Gattin tut er ab, egal, wie spitz Friederike Wagner lacht, wenn er leicht unsicher, aber stolz den violetten Tailor-Suit samt Flower-Power-Gilet vorführt, was nicht einmal geschmacklos wirkt. Düggelin meint es gut mit seinem Protagonisten, als hoffte er, dessen Flucht aus der kleinkarierten Umgebung könnte gelingen. Dazu zählt auch die Jungmannschaft: Tochter Lucile (Dagna Litzenberger Vinet, reizend), ihr Cléonte (Christian Baumbach, trotzig) und die jeweiligen Dienstboten, hier eher Kameraden (Henrike Johanna Jörissen, Jan Bluthardt). Missverständnisse im amourösen Bereich lösen sie fechtend: eine historisch augenzwinkernde Glanznummer. Auf Raimund Bauers eleganter Theater-im-Theater-Bühne, die das goldene Pfauen-Bühnenportal perspektivisch vervielfacht, verschränken sich Jourdains Scheinwelt und bürgerliches Dasein zum Schluss in einer Maskerade. Bei Molière, der den Sonnenkönig auftragsgemäss für eine Beleidigung durch den türkischen Gesandten rächen durfte, inszenieren die jungen Männer Luciles Heirat mit dem Sohn eines erfundenen Grosstürken. Düggelin ersetzt ihn durch einen anderen Exoten: Als Papua-Prinz verkleidet und fliessend Kauderwelsch parlierend, erhält Cléonte vom berauschten und überwältigten Vater die Hand seiner Lucile. Doch nun heisst es Schluss mit lustig. Das Glück des Bürgers als Papua-Edelmann war zu schön, um wahr zu sein. Die Verkleidungen fallen. Alle Paare, frisch vereint, verduften blitzartig; Madame Jourdain folgt ihnen. Allein und verlassen sitzt ihr Gatte da. Langsam erwacht er aus dem irren Theater-Rausch. Den Abgesang auf sein tollkühnes Traumleben, die Namen der Entschwunden, flüstert Rainer Bock mit Ungläubigkeit, Bedauern, Verzweiflung. Herzzerreissend. Hinreissend.“ NZZ
„Düggelin hat das Schlussballett mit all den Spaniern, Gascognern und Schweizern gestrichen und auch das bunte Brimborium davor beherzt zusammengekürzt. Und wo Molière seinem Auftraggeber, König Ludwig XIV., im letzten Vers das Lob souffliert: „Ach, es war wunderschön!“, herrscht bei Düggelin Schweigen. Das verzweifelte Schweigen eines Menschen, der mehr aus seinem Leben machen wollte, als in der Tretmühle des Erfolgs weiterzustrampeln, aber nicht wusste, was. Auf einmal wird die Karikatur durch tragische Züge entzerrt. So viel Verlassenheit in der raffiniert verschachtelten Welt von Bühnenbildner Raimund Bauer, die mit Proszenium, purpurnem Korridor, Hinterbühne und frech selbsttätigen Türen die ubiquitäre Flüchtigkeit und Fiktionalität exponiert!“ Tages-Anzeiger
„Wohlstand schützt vor Dummheit nicht. Monsieur Jourdain gibt hierfür das leuchtende Beispiel. In seinem Bürgerhaus haben sich Musik- und Tanzlehrer eingenistet, junge Sänger schmettern Arien, Eleven überstrecken hübsch die Glieder. Kurz, es geht zu wie bei Herzogs im Salon. Jourdain will es so. Ihm ist alles Ungeadelte zuwider, seine einfache Herkunft leugnet er glatt, er fühlt sich als „Bourgeois gentilhomme“, und unter diesem Titel setzte ihm Molière vor genau 444 Jahren ein Theaterdenkmal, das in seiner satirischen Aussagekraft erstaunlich wenig eingebüsst hat. Werner Düggelin, der in Basel und Zürich wohnt; hier zum Leben, dort zum Arbeiten; versprüht mit 84 Jahren ungebrochene Produktionslust. Aus der seinerzeit gerühmten, heute nicht so häufig gespielten Ballettkomödie hat der Regisseur eine eigene Fassung zurechtgeschliffen. Bewundernswert. „Der Bürger als Edelmann“ kommt im Zürcher Schauspielhaus in aller Kürze und Konzentration als Milieustudie eines Menschen daher, der so gern bedeutsam wäre. Von Bedeutung ist bloss die Vehemenz, mit der er sich lächerlich macht.“ Basler Zeitung
„Und wenn dann der Pseudoprinz von Papua als Indianerhäuptling aus dem Schnürboden herunterfährt und der überglückliche Jourdain sich einen Feder-Kopfschmuck aufsetzen lässt und den schönsten Traum träumt, den es überhaupt gibt: den Traum vom geglückten Leben, das sich als pures Theaterglück kostümiert – dann ist es völlig gleichgültig, ob dies das falsche Leben ist. Es ist das richtige Theater. Glückseligkeit also auf der Bühne. Und Beifallsseligkeit im Parkett.“ Frankfurter Allgemeine Zeitung
„Werner Düggelin kondensiert Molières „Der Bürger als Edelmann“ auf eine fünfviertelstündige einzig zur hellen Freude gereichende Farce und legt mit einer wie selbstverständlich wirkenden Klarheit den Blick auf die Problematik frei. Chirurgisch präzis, als wäre Regie führen bare Zauberei.“ P.S.
„Rainer Bocks Jourdan ist der Mittelpunkt eines hervorragenden, präzis agierenden Ensembles, darunter Friederike Wagner als kühle, beherrschte Madame Jourdan, Henrike Johanna Jörissen als vorlaute Zofe und Siggi Schwientek als wunderbar skurriler Philosoph.“ Die Südostschweiz
„Bis in die Ränder ist die Inszenierung von schöner Klarheit, die Führung der Schauspieler bis in die Nebenrollen aufmerksam für deren Eigenheiten, geschickt in der Organisation der Tumulte und spannend in den Dialog-Partien. Keine Spur von Schwäche. Wie etwa Siggi Schwientek als Philosoph dem Jourdain Weisheiten und Praktiken beibringt, die dieser in Wahrheit alle schon kennt, oder die Beziehung Jourdains zu seiner Frau, Friederike Wagner, der Trennung zutreibt, die Marquise, Hilke Altefrohne, ihren ruinierten Verehrer schliesslich einfach sitzen lässt, oder wie die Tochter, Dagna Litzenberger Vinet, ausser sich gerät vor lauter Liebe – das bezeugt im Umgang mit den Schauspielern die Erfahrung und die Menschen-Klugheit dieses Theatermannes.“ Frankfurter Rundschau
- Regie
- Werner Düggelin
- Bühne
- Raimund Bauer
- Kostüme
- Francesca Merz
- Musikalische Leitung
- Jürg Kienberger
- Licht
- Markus Keusch
- Kämpfe
- Klaus Figge
- Dramaturgie
- Andrea Schwieter
- Regieassistenz
- Hans-Christian Hasselmann
- Bühnenbildassistenz
- Dominik Freynschlag
- Kostümassistenz
- Mitra Karimi
- Souffleuse
- Rita von Horváth
- Inspizienz
- Ralf Fuhrmann
- Regiehospitanz
- Barbara Fuchs